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Die Stäbe der Macht Teil 1

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Prolog

Die Schattenritter wurden besiegt!
Das Chaos löste sich auf.
Das Böse verschwand.
Das Leben kam zurück.
Die Liebe auch.
Die Welt wurde befreit.

Darkon sprach einen Bann aus.
Die Schattenritter wurden darin gefangen.
1000 Jahre Frieden.

Aus dem Buch der Prophezeihungen
1. Kapitel

 

1.
Der Magier

Es war ein lauer Sommerabend. Der Sonnenuntergang so schön wie nie. Thorkal, der Magier und Heiler, beobachtete den malerischen Himmel. Er war jetzt fünfzig Jahre alt. Ein Mann von großer, schlanker Gestalt. Sein langes weißes Haar hob sich leuchtend von seinen azurblauen Gewändern ab.
Seit dreißig Jahren wohnte er nun schon in diesem Turm, der an der Bucht von Wook auf einer Steilklippe stand. Zum Inneren des Landes schirmte ihn ein riesiges Waldgebiet ab. Wer zu ihm wollte, musste tagelang durch die Wälder reisen. Aber schon seit Wochen hatte niemand mehr den Weg zu ihm gefunden. Er las im Buch der Prophezeiungen.

6. Kapitel

Die Macht ist gebrochen.
Das Dunkle ist vergangen.
Die Thamor-Steine.
Ihr Licht strahlt hell.
Das Land wird beschützt.

Thorkal lehnte sich zurück.
„Die Thamor-Steine. Sie sind schon lange verschwunden. Aber auch ohne sie haben wir Frieden.“
Langsam erhob er sich, und stieg die Stufen zu seinem Schlafraum oben im Turm hinauf. Der Magier war müde.
Es ist seit ewigen Zeiten Frieden. Was sollte dies schon ändern können?
Mit diesen Gedanken schlief er ein.
Die Nacht brach herein und der Turm hob sich im glänzenden Mondlicht ab wie ein Finger, der jedem zeigen wollte, wie schön die Sterne leuchteten.

**

Der Reiter trieb sein Pferd im wilden Galopp durch die Felder, als wäre er vor jemanden auf der Flucht. Er hatte die dichten Wälder von Harmha durchquert und in der Nacht den Blutfluss erreicht. Der Fluss trug seinen Namen wegen der roten Wassergräser. Sie wuchsen so zahlreich, dass das Wasser in einem leuchtenden Rot schimmerte. Nachdem der Fährmann ihn übergesetzt hatte, erreichte der Mann im Morgengrauen das Dorf Dragor. Es lag am Rande des Drachengebirges. Den Legenden zufolge sollte immer noch ein Drache dort oben in den Gipfeln leben. In einem ewigen Schlaf.
Er ritt durch das Dorf und hielt schließlich an der Schmiede an. Borcus der Schmied, ein kleiner kräftiger Mann mit schwarzen Haaren, kam herausgelaufen.
„Hat Dich der Teufel gehetzt?“
„Nein, nein“, antwortete der Mann und glitt erschöpft vom Pferd herunter. „Ich bin in Eile!“
Der Schmied schüttelte den Kopf und schaute sich den Reiter genauer an. Solch eine Kleidung hatte er noch nie gesehen. Das machte ihn neugierig.
„Woher kommst Du Fremder?“
„Mein Name ist Caleb. Ich komme aus Maarl.“
Borcus zog verwundert die Augenbrauen hoch. Er kannte die Insel Maarl nur vom Hörensagen. Sie lag im Südosten von Wook.
„Aus Maarl? Was bringt Dich hierher?“
Caleb wischte sich den Schweiß von der Stirn.
„Ich bin ein Bote.“
„Wenn jemand solch eine weite Reise macht, muss es schon etwas Besonderes sein.“
„Mag sein. Du kannst mir aber bestimmt erzählen, wo ich den Magier Thorkal finde, oder?“
„Thorkal?“
Borcus setzte sich auf den großen Stein vor seiner Schmiede.
„Es sind noch zwei Tagesritte. Du musst gen Norden reiten. Zur Bucht von Wook. Sie ist von einer Steilklippe umgeben. Du kannst sie nicht verfehlen.“
Er gab dem Boten ein neues Pferd und wünschte ihm Glück. Der Schmied schaute ihm noch hinterher, bis er nicht mehr zu sehen war. Sofort lief er zum Dorfältesten und erzählte ihm alles.
Der Älteste stand auf, ging nachdenklich auf und ab.
„Schmied! Es wird Veränderungen geben!“

**

Es war Mittag. Thorkal stand auf seinem Turm und schaute über das Land. Sein Blick wanderte nach Osten. Er konnte das Drachengebirge sehen. Auf der Ostseite des Gebirges befand sich die Drachenburg, eine riesige schwarze Burg, die einst von Drachen bewohnt wurde. Heute mieden die Bewohner der Dörfer diese Burg. Niemand wagte sich in ihre Nähe. Nicht nur, weil sie glaubten, dort schliefe noch eines dieser Ungeheuer. Die Alten erzählten, dass die Seelen der Drachen noch in der Burg umherirrten und jeden töteten, der es wagte, ihre Ruhe zu stören. Unterhalb der Burg entsprang der Drachenfluss. Er floss nach Osten und mündete im Meer. Im Süden, hinter den riesigen Wäldern, lag der Grenzfluss. Man hatte ihn diesen Namen gegeben, weil er Wook wie eine Grenze in der Mitte teilte.
Während Thorkal seinen Blick weiter nach Westen wandern ließ, stiegen plötzlich Schwärme von aufgeschreckten Vögeln in die Luft.
„Irgendetwas rast durch den Wald. Ein Besucher scheint es nicht zu sein.“
Der Magier entschloss sich, erst einmal abzuwarten.
„Von hier oben kann ich es besser beobachten.“
Es dauerte nicht lange. Ein Reiter kam aus dem Wald heraus gejagt. Er hielt direkt auf den Turm zu.
„Es scheint, als könne mich da jemand nicht schnell genug erreichen…“
Mit diesen Worten machte Thorkal sich auf den Weg und stieg die Stufen hinunter. Unten angekommen dauerte es nur wenige Minuten, bis der Fremde ihn erreichte. Er trat dem Reiter entgegen.
„Mein Name ist Thorkal. Was führt Dich in dieser Eile zu mir?“
Caleb sprang von seinem Pferd.
„Endlich habe ich Euch gefunden. Silvaine, die Priesterin von Maarl, schickt mich. Ich bringe schlechte Nachrichten!“
Nachdem sie in den Turm gegangen waren, griff Caleb unter seinen Umhang und gab dem Magier eine Schriftrolle.
„Ihr müsst sie sofort lesen! Gebt mir dann eine Antwort, und ich reite sofort zurück zu meiner Herrin.“
Er nahm die Schriftrolle an sich, und setzte sich auf seinen alten Sessel.
„Was könnte so wichtig sein, dass ein Bote sich bald zu Tode hetzt, um mir diese Nachricht zu überbringen?”
„Ich weiß es nicht, Herr. Mir wurde nur gesagt, dass es schlechte Nachrichten seien und ich diese Rolle so schnell wie möglich zu Euch bringen solle. Mehr weiß ich nicht.“
Während Caleb sich das angebotene kleine Brot nahm, öffnete Thorkal die Rolle. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück.

Meister Thorkal.

Die Zeit des Friedens neigt sich dem Ende zu.
Alle Zeichen besagen, dass die Auferstehung
der Schattenritter bevorsteht! Ihr wisst, was
das bedeutet! Macht Euch auf die Suche nach
den Thamor-Steinen. Nur sie allein können den
Schattenrittern Einhalt gebieten. In den alten
Schriftrollen heißt es, die Steine werden ihrem
Träger den Weg weisen. Doch wo Ihr sie finden
könnt, ist nicht niedergeschrieben. Wenn Ihr
meine Hilfe braucht, dann lasst es mich wissen.
Ich wünsche Euch viel Glück bei der Suche.

Silvaine
Priesterin von Maarl

Der Magier ließ den Brief fallen. Mit versteinerter Miene schaute er auf den Boten.
„Sage Deiner Herrin, ich werde mich auf die Suche machen!“
Der Bote verneigte sich und verließ den Turm. Draußen schwang er sich auf sein Pferd, hob die Hand zum Gruß und ritt mit hohem Tempo davon.
Thorkal kehrte vom Fenster zurück. Er setzte sich wieder in seinen Sessel.
Wie soll ich die Steine finden? Wo soll ich anfangen zu suchen? Ich weiß es nicht!

© 2000/2020 T.R. aka Wortman

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Die geheimnisvolle Insel Teil 11

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6
Der Schwarze Herzog

Es klopfte an der Kajütentür.
„Sir“, hörte Alexander Black die dumpfe Stimme, „es gibt neue Entwicklungen, die Farragut läuft aus.“
„Ich komme gleich!“, rief er und setzte sich im Bett auf, „hol Madame Isadora aus ihrer Kajüte und bring sie her.“
„Ai, Sir.“
Er hörte wie sich sein Adjutant Alou im Laufschritt entfernte und erhob sich. Ein schadenfrohes Grinsen überzog sein ebenmäßiges Gesicht. Alou war ein schwarzer Riese, den er aus der Gefangenschaft befreit hatte, aber vor Madame Isadora zitterte er, wie ein kleines Kind. Es bereitete ihm einen diebischen Spaß Alou immer wieder mit dieser Angst zu konfrontieren und ihm seine Überlegenheit zu demonstrieren.
„Los, Schlampe“, knurrte er das Mädchen in seinem Bett an und riss ihr das Laken weg, „verschwinde.“
Das Mädchen setzte sich schlaftrunken auf. Das Lacken rutschte von ihren Schultern und gab ihren nackten Körper frei. An einigen Stellen konnte man dunkle Blutergüsse und Kratzer sehen, die gerade verschorften.
„Aber Sir“, sagte sie.
Alexander schlüpfte gerade in die glänzend gewienerten Stiefel. Das silberne Haar fiel ihm ins Gesicht. Er hob den Kopf und seine seltsamen hellgrauen Augen warfen dem Mädchen einen Blick zu, der sie verstummen ließ.
„Du wagst es, das Wort an mich zu richten“, seine Stimme war scharf wie Glas. Er richtete sich auf. Mit geschickten Fingern nahm er sein Haar zusammen und band es in einem dicken Zopf zusammen. Das Mädchen sah ihn mit schreckgeweiteten Augen an, versuchte ihre Blöße mit dem Laken zu bedecken.
„Steh auf!“, er betonte jede Silbe.
Das Mädchen verließ das Bett. Zitternd mit gesenktem Kopf stand sie da. Das lange dunkle Haar reichte bist auf ihre Hüften.
„Glaubst du, weil ich dich gefickt habe, hat sich etwas an unserer Absprache geändert?“
Sie wollte gerade den Mund öffnen, als sie ein leises Geräusch hörte, den kalten Stahl spürte, der in ihren Körper eindrang. Beinahe geräuschlos sank sie zusammen.
„Ich hätte ihr doch die Zunge rausschneiden sollen“, murmelte Alexander.
Es klopfte.
„Ja?“
„Madame Isadora, Sir“, hörte er Alou.
Die Tür wurde geöffnet. Alou führte die Hexe in die Kajüte. Er blieb in sicherer Distanz. Bei jedem Blick, den sie ihm zu warf, machte er ein Kreuzzeichen. Alexander hatte ihm zwar erklärt, dass er schon längst seine Seele an den Teufel verkauft hatte, aber das änderte nichts an Alous Schrecken.
„Nun, Madame Isadora, wie ich sehe, geht es euch gut“, sagte Alexander mit einem süffisanten Grinsen. Er gab Alou ein Zeichen mit dem Kopf in Richtung des Mädchens. „Räum sie weg“, und zu Madame Isadora gewandt, „sagt was ihr braucht, der Rest geht an die Fische.“
Isadora zog die Augenbrauen hoch.
„Zunge, Augen, Ohren und ungefähr eine Flasche Blut“, zählte sie auf.
Alou zog den Dolch aus dem Herzen der Leiche, säuberte ihn mit einem Tuch und legte ihn seinem Herrn auf den Schreibtisch, dann hob er den leblosen Körper auf und brachte ihn hinaus. Armes Kind, dachte er, noch so jung, aber wenn der Herr sie braucht, um sich gut zu fühlen, wer bin ich ihn deswegen zu tadeln.
„Nun Madame Isadora, setzt euch.“
Alexander deutet auf den Stuhl vor seinem Schreibtisch. Die Hexe setzte sich.
„Bolger ist unter Segel und unterwegs. Nachdem, was mir berichtet wurde, scheint er nicht auf Kapertour zu sein.“
„Und ich soll euch sagen, wo er hin fahren wird?“, fragte die Hexe.
„Es geht um eine Karte. Das heißt, es handelt sich wahrscheinlich um eine Insel. Ein Schatz wäre zu banal. Da muss etwas anderes dahinter stecken.“
„Ich werde mich darum kümmern“, sagte Isadora. Sie stand auf und verließ die Kabine. Draußen im Gang stand Alou mit einer Schüssel voller Blut und einem Leinensack. Wortlos nahm die Hexe den Sack und die Schüssel und machte sich auf den Weg in ihre Kabine. Alou machte ein Kreuzzeichen als sie ihm den Rücken zukehrte.
In ihrer Kabine bereitete sie alles vor um einen Winddämon zu rufen. Mit dem Blut malte sie seltsame Zeichen und Worte auf den Kabinenboden. Ein Teil des Blutes goss sie zwischen die Worte am Boden. Danach mischte sie Blut und einige Zutaten in einem Becher und fing an in einer unbekannten Sprache zu singen. Isadora setzte sich auf den Boden, trank den Becher aus und mit schwingenden Armbewegungen sang sie weiter in dieser Sprache. Plötzlich erschien ein leichter Nebel über den Boden.
„Dämon, nimm diese Augen um zu sehen was ich sehen will.“
Damit warf sie die Augen des Mädchens in den aufkommenden Nebel. Darauf folgten die Ohren.
„Nimm diese Ohren, damit du hörst, was ich hören will.“
Zum Schluss warf die Hexe die Zunge auf den Boden.
„Nimm diese Zunge und spreche, was ich sprechen will.“
Der Nebel bekam Umrisse. Es wirkte wie eine dünne menschliche Gestalt. Die Hexe hörte mit dem Gesang auf.
„Reite mit den Winden und finde Bolgers Schiff. Ich sehe und höre was du siehst und hörst. Finde ihn schnell!“
Die Gestalt zerfiel und der Nebel entwich durch das geöffnete Fenster. Er verharrte kurz und verschwand in der Dunkelheit.
Die Hexe stand auf und machte sich auf den Rückweg zur Kapitänskajüte.
Isabell dachte an den die Quelle des Paradieses, die sich laut den Legenden dort befinden sollte. Niemand wusste davon, nicht einmal Alexander. Sie hatte dieses Geheimnis sorgsam mit einem Zauber verborgen. Einmal daraus trinken und ich könnte von allem frei sein, ging es ihr durch den Kopf, der Fluch, der mich an diesen Wahnsinnigen fesselt wäre gebrochen.
Die Hexe klopfte an die Kajütentür.

© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman

Die geheimnisvolle Insel Teil 10

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„Ich gehe wohl recht in der Annahme, dass ihr den Namen Halpin weiter tragen und auch so angeredet werden wollt, oder?, fragte Bolger.
„So ist es Andrew. Es muss nicht jeder wissen wer ich wirklich bin.“
„Das kleine Ding hat sicherlich noch größere Verwandtschaft. Was kann diese Kreatur anrichten?“
„Nein“, konterte Halpin, „Es gibt keine großen Verwandten. Diese Wesen sind so klein. Die Eingeborenen auf der Insel nennen sie Darys Visna, die Götter der Toten und Alptraum der Lebenden!“
John schaute etwas irritiert. „Was ist das für eine Bezeichnung?“
Halpin setzte sich auf einen der Stühle. „Sie fressen sich durch die Haut und fressen einen von innen heraus auf. Wenn derjenige stirbt, fressen sie sich wieder nach außen um ein neues Opfer zu finden. Daher der Begriff Götter der Toten, da sie aus ihnen heraus brechen. Der Alptraum der Lebenden erklärt sich von alleine. Zum Glück sind sie tagaktiv. Sonst würde wohl niemand mehr schlafen auf der roten Insel.“
„Rote Insel?“ Bolger und sein Quartiermeister fragten fast gleichzeitig. Dieser Begriff war ihnen nicht unbekannt. Schauermärchen gab es von dieser Insel. Sie sei so rot, weil das Blut eines Dämons dort vergossen worden war. Selbst das Wasser war zeitweilig rot. Krokodile in Menschengestalt streiften über die Insel und töteten alle, die diese Insel betraten. Im Inneren der Insel saß ein weiterer Dämon der eine Truhe mit einer wundersamen Waffe bewachte.
„Diese Insel ist ein Schauermärchen um Kindern Angst zu machen. Ein Hirngespinst. Niemand hat bisher diese Insel gesehen. Sie ist und bleibt ein Märchen,“ sagte Bolger im Brustton der Überzeugung.
Halpin griff in seine Manteltasche und holte eine kleine Rolle hervor.
„Was ist das,“ fragte John.
Andrew Bolger nahm die Rolle und breitete sie auf dem Tisch aus. Es war die Karte einer Insel, diverse Markierungen und Zeichen waren dort eingezeichnet.
„Captain Valmont, wollt ihr behaupten, dass wäre die Lagekarte der roten Insel?“, Bolger lehnte sich vor und betrachte die Karte stirnrunzelnd, „warum ist sie auf so seltsames Leder gemalt?“
„Das ist die rote Insel. Dort findet sich die Waffe um den Schwarzen Herzog ein für alle Mal auszulöschen.“ Halpin grinste selbstzufrieden. „Und das ist kein seltsames Leder, Andrew. Das ist Menschenhaut!“
„Menschenhaut?“ Bolgers Gesichtszüge sprachen Bände.
„Ja, Menschenhaut“, widerholte Halpin, „sie war einem Seemann auf den Rücken tätowiert. Als er das Zeitliche segnete, haben meine Männer ihm die Karte abgenommen.“
John verzog angewidert das Gesicht.
„Wenn die Insel tatsächlich existiert und wir eine Chance haben, den Herzog zu erledigen, dann lasst uns segeln!“, Bolger schlug mit der Faust auf den Tisch.
John betrachtete die glänzenden Augen der Männer skeptisch. Auch er wollte nichts lieber als den schwarzen Herzog am höchsten Mast hängen sehen, andererseits fragte er sich, welches Ziel Halpin verfolgte, nachdem der anfangs nicht besonders zugänglich gewesen war. John befürchtete, dass Bolger von dem unglückseligen Fieber des Alten angesteckt wurde, und nicht mehr klar erkennen konnte, welchen Zweck sie verfolgten.
Er glaubte nicht an die Ammenmärchen, die man über die Insel erzählte, aber dieses kleine rosa Ding, flößte ihm einen gewissen Respekt ein. Noch nie hatte er so ein merkwürdiges Wesen gesehen.
„Nun Mister DeMoor, ich habe den Eindruck ihr seid nicht begeistert?“, Captain Bolger sah seinem Quartiermeister die Vorbehalt an. „Es geht das Gerücht, der schwarze Herzog hat sich die Dienste einer üblen Hexe gesichert. Ich denke, wir können jede Hilfe gebrauchen, die wir kriegen können.“
„Ja, Sir“, erwiderte John, „ich hörte davon. Madame Isadora.“
„Dann sollte vor ihr auf der Hut sein“, Halpin legte die Stirn in Sorgenfalten. „Mit der Hexe ist nicht zu spaßen. Sie hat einst die Aurora in einen Sturm gejagt, der uns beinahe auf den Grund des Meeres gebracht hätte, wenn wir nicht einen so ausgezeichneten Steuermann gehabt hätten.“
John wollte noch etwas sagen, aber Captain Bolger ließ ihn nicht zu Wort kommen.
„Sagen sie der Mannschaft wir setzen Segel, Mister DeMoor!“
John nickte.
„Ja, Sir. Was soll ich mit dem Fremden anstellen? Unter Arrest setzen?“
Bolger lachte.
„Auf See kann er uns nicht entkommen und ein paar kräftige Hände mehr schaden nicht. Sie sind für ihn verantwortlich und behalten ihn im Auge!“
„Verstanden, Sir.“
John nickte und verließ die Kajüte des Captains.
An Oberdeck wartete Morris auf ihn.
„Was passiert jetzt mit mir?“
„Der Captain sagt, zwei helfende Hände können wir gebrauchen.“ John grinste Morris an. „Geh mit an die Ankerwinde. Wir segeln los.“
DeMoor gab einige Befehle. Der Bootsmann rief sie weiter über das Oberdeck. Die Männer kletterten in die Wanden und die Ankerkette wurde hochgezogen. Nachdem die Segel gesetzt waren, setzte sich das Schiff in Bewegung.
Als Bolger und seine Crew anfingen, war diese Brigg mit 12 Kanonen bestückt gewesen. Jeder hatte einen Teil seiner Prise gespendet und so wurde die Farragut im Laufe der letzten zwei Jahre auf 18 Kanonen erweitert. Das war eine gute Feuerkraft. Bolgers Siege veranlassten den ein oder anderen Handelskapitän dazu, sich zu ergeben, wenn Bolgers Flagge hochgezogen wurde.
Morris gesellte sich zu John.
„Wohin geht die Reise?“
„Sei nicht so neugierig Morris“, antwortete John. „Ich hoffe, du bist wenigstens geschickt im Umgang mit Waffen oder liegt dir mehr das Kanonieren?“
„Ich bleibe bei den Waffen.“
Morris hatte es fast vergessen, dass er sich auf einem Piratenschiff befand. Er war sich sicher, das hier war keine reine Kaperfahrt. Er hatte den alten Mann bisher noch nicht wieder gesehen. Was immer mit diesem Halpin war, er musste die Ohren aufhalten. Dieser Halpin schien eine Schlüsselposition inne zu haben.
Der Tag verlief ohne Zwischenfälle. Das zeigte Morris, sein Verdacht war richtig. Es ging um mehr als nur um die Jagd auf Handelsschiffe.

© Caroline Susemihl / T.R. aka Wortman

Goban und Caseal Teil 2

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Ein Geräusch ließ Caseal erschrocken hochfahren. Kerzengrade saß sie im Bett und schaute in die Dunkelheit ihres Zimmers. Das Dunkle schien sich zu bewegen, ein Schatten sich zu formen, schwärzer als die Dunkelheit. Sie wollte schreien, doch kein Laut kam über ihre Lippen. Caseal zitterte, als sie die Kerzen neben ihrem Bett anzündete.
Goban stand am Fußende vor ihrem Bett! Wie erstarrt blickte sie ihn an.
„Ihr?“
Er sah sie lange an.
„Ich bin gekommen, um euch etwas zu geben.“
Caseals Haut schien zu vibrieren, bei seiner tiefen und dunklen Stimme.
„Mir zu geben? Was wollt ihr mir geben?“
„Fragt nicht. Nehmt dieses hier.“
Er reichte der Frau einen kleinen ledernen Beutel.
„Öffnet ihn und ihr werdet verstehen. Wenn nicht, vergesst mich wieder!“
Ein leicht scharfer Unterton lag in seinem letzten Satz. Noch während des Sprechens drehte Goban sich um. Sein schwarzer Umhang schien mit der Dunkelheit des Raumes zu verschmelzen. Augenblicke später war er verschwunden.
Caseal schaute den kleinen Beutel in ihrer Hand an.
„Öffnen und verstehen, nicht verstehen und ihn vergessen? Ist das ein Test?“
Leichte Röte stieg ihr ins Gesicht, als sie merkte, dass sie ein Selbstgespräch führte.
„Es muss einer ein. Er will wissen, ob ich seine Caseal bin!“
Hin und her gerissen zwischen Neugier und der Furcht, beschloss sie, den Beutel nicht zu öffnen und bis zum Morgen zu warten. Sie schlief den Rest der Nacht sehr unruhig.

Als Caseal aufwachte, suchte ihr Blick sofort den Beutel. Sie griff danach und setzte sich auf die Bettkante. Langsam öffnete sie die Bänder und zog die Öffnung auseinander. Vorsichtig schüttete Caseal den Inhalt auf ihre Handfläche. Im gleichen Moment schien etwas nach ihrem Geist zu greifen.
Goban zuckte zusammen. Er wusste nun, sie hatte den Beutel geöffnet.
Ra’Tok, das Seelenschwert, leuchtete rot in seiner Hand. Er liebte diesen Gesang der Seelen, wenn sein Schwert den Gegner traf und ihn tötete. Jeder Gefallene verfeinerte den Gesang des Schwertes beim nächsten Hieb.

Bilder.
Tausende von Bilder.
Wie eine gewaltige Flut durchströmten Erinnerungen Caseals Geist. Zeigten Ereignisse vergangener Zeiten. Kriege, Finsternis, Tod, aber auch Momente der Freude und des Friedens.
Langsam wurde der jungen Frau bewusst, dass sie Caseal war. Die Caseal, nach der Goban seit Ewigkeiten suchte. Sie fühlte sich befreit.
In Gedanken rief sie seinen Namen. Ihr war klar, er würde diese Stimme hören.

Eine kleine Lichtung tauchte vor Goban auf. Eine Hütte stand auf der anderen Seite am Waldesrand. Er stieg vom Pferd und ging über die Lichtung.
„Goban, seid gegrüßt.“
Der alte Mann stand plötzlich in der Tür.
„Seid ebenfalls gegrüßt Meister Teclin. Euch unter den Lebenden zu wissen, erfreut mich.“
„Nun, wie ihr seht, hab auch ich meine Fähigkeiten.“
Der Alte grinste und bat Goban hinein.
„Euren Fähigkeiten verdanke ich mein Leben Teclin.“
„Ihr seid ein Krieger der Finsternis gewesen, der durch die Liebe dieser Menschenfrau dem Licht näher gekommen ist. Mir war klar, auf euch warten große Aufgaben. Ihr musstet überleben!“
„Wie lange ist das her, Teclin?“
„Zeit ist für euch kein Begriff Goban. In Menschenjahren sind es mehr als zweihundert Jahre gewesen.“
Erinnerungen wurden wach. Goban war in einen Hinterhalt geraten. Der Herrscher der Finsternis hatte seine Elitekrieger geschickt um ihn zu töten. Im Kampf wurde er schwer verletzt. Teclin tauchte auf und blendete die Krieger mit seinem weißmagischen Licht. Um Goban zu retten, leitete er weiße Magie in seinen Körper. Auch wenn er langsam gesundete, die Kräfte der Finsternis ließen sich nicht in seinem Körper ausschalten.
Plötzlich schien ein Flüstern im Raum zu schweben. Eine weibliche Stimme, die Gobans Namen rief.
„Sie ist es!“ Der Krieger erhob sich.
„Mir scheint, ihr habt eure Suche beendet.“
„Ja,“ antwortete Goban knapp.
„Lasst mich euch noch etwas sagen. Seid auf der Hut. Die Finsternis wird es erfahren, dass eure Suche zu Ende ist. Achtet auf Caseal!“
„Darauf könnt ihr euch verlassen Meister Teclin. Ich werde nicht noch einmal zu spät kommen.“
Goban verabschiedete sich von Teclin, setzte sich auf sein Ross und ritt in den Wald hinein. Er kannte die Stimme und freute sich auf ein Wiedersehen. Es wurde Zeit, seiner Caseal gegenüber zu treten.

Die Sonne stand hoch am Himmel.
Caseal saß auf einer Bank am großen Brunnen. Ein schwarzer Reiter kam direkt auf sie zu. Die junge Frau sprang auf.
„Goban!“
Der Ritter stieg vom Pferd und kam auf sie zu.
„Caseal, durch alle Ewigkeiten hat sich nun mein Versprechen erfüllt. Wir sind wieder eins.“
Langsam sank Goban vor ihr auf die Knie.
Tränen liefen ihr übers Gesicht.
„Ihr seht mich glücklich weinen, euch, meinen Ritter wieder hier zu wissen. Erzählt mir von euren Entbehrungen, derweil ich euch gutes tue an Leib und Seele. Meine Burg sei euer Heim…“

Monate gingen ins Land. Immer wieder zog Goban aus, um Ra’Toks Hunger nach Seelen zu stillen. Caseal wartete geduldig auf seine Rückkehr um ihm Gutes zu tun.
Als er von seiner letzten Reise zurück kam, erwartete Caseal ihn schon am Burgtor. Er spürte, dass sich eine Veränderung mit Caseal vollzog. Kurze Zeit später saßen beide in ihrem Schlafgemach.
„Liebster, unsere Liebe hat ihre endgültige Erfüllung gefunden.“
„ Endgültige Erfüllung? Ihr meint…“
„Ja, das meine ich. In meinem Leib wächst ein neues Leben!“

Dunkler Nebel trieb über die Ödnis. Schwarze Türme ragten wie Finger aus dem Nebel. Kein Laut war zu hören.
Ein Tor öffnete sich und drei Krieger kamen heraus. Gleichzeitig stiegen sie auf ihre Rösser und ritten in den Nebel.
Wie Teclin es voraus gesehen hatte, war die Nachricht vom Erscheinen Caseals zum Herrscher der Finsternis vorgedrungen. Die drei Reiter kannten ihre Aufgabe. Nach Elimeré. Caseal und Goban finden und töten. Für ewig. Und die Reiter waren durstig. Durstig nach Blut und Tod. Zu lange hatten sie warten müssen auf diesen Tag.
Der dunkle Herrscher murmelte Beschwörungsformeln. Rund um Elimeré taten sich Gräber auf. Die Toten wurden gerufen.
„Vergesst nicht, was ich euch sagte!“
Der Herrscher drehte sich um. Vor ihm stand Lilia, die große Hexenmutter. Ihr langes schwarzes Gewand umspielte ihren wohlgeformten Körper.
„Denkt daran. Die Beiden müssen sterben! Die Caseal, die das Licht dieser Welt erblickt, wird dem Licht dienen und euch töten!“
„Dazu wird es nicht kommen. Die Toten sind gerufen und meine besten Krieger sind auf dem Weg nach Elimeré. Sie werden dieses Mal nicht versagen!“

Goban spürte die Finsternis. Er wusste, sie würden bald kommen. Ein weiteres Mal versuchen, Caseal und ihn zu töten.
Lautes Stimmengewirr drang durch die Korridore. Ein energisches Klopfen an der Tür ließ Caseal erschrocken zusammen zucken. Goban erhob sich vom Bett und öffnete die Tür. Vor ihm stand Elimerés Herrführer.
„Herr, Herrin, die Menschen sind in Aufruhr. Angst hat sie befallen.“
„Was ist passiert“, wollte Caseal wissen.
„Überall um Elimeré herum sind die Gräber geöffnet. Die Toten sind auferstanden.“
Goban schaute Caseal an.
„ Es ist soweit. Die Finsternis formiert sich zum Angriff.“

© 2006/20 T.R. aka Wortman

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